
Innovation Fellowship
Organisationsdesign an zwei Stadtzürcher Schulen
Mit Systemic Design zu mehr Fokus im Schulalltag
tl/dr summary (für alle, die es gerne kurz haben)
Im Rahmen des Innovation Fellowship-Programms von Smart City Zürich unterstützen wir die Schulen Leutschenbach und Luchswiesen bei ihrer Organisationsentwicklung. Das Ziel unseres Auftrags: Für alle Berufsgruppen mehr Zeit für die Kernaufgaben schaffen. Also: Mehr Effizienz in den Alltag bringen.
Auf Basis von rund 100 Interviews und Beobachtungen haben wir mithilfe des Systemic Design Ansatzes zentrale Fokusthemen erarbeitet. Aktuell entwickeln wir gemeinsam mit den Schulen erste konkrete Experimente.
Für wen ist das interessant?
Schulleitungen, die ähnliche Herausforderungen haben
Öffentliche Verwaltungen, die Innovation vorantreiben wollen
Organisationsentwickler:innen, die in komplexen Systemen arbeiten
Alle, die sich für unsere Arbeitsweise (und Systemic Design) interessieren
Case Study
Die Ausgangslage
Zwei grosse Schulen im Zürcher Schulkreis Schwamendingen standen vor derselben Herausforderung und haben dazu folgende Forschungsfrage erarbeitet: «Wie kann der Schulalltag effizienter gestaltet werden, um mehr Zeit für die individuellen Kernaufgaben zu schaffen?». Die Schulleitungen wollten zwar aktiv an der Organisationsentwicklung arbeiten, konnten aber im Alltag nicht die nötige Zeit investieren. Mit dieser Herausforderung haben sie sich an Smart City Zürich (ein Teil des Bereichs Stadtentwicklung Zürich) gewendet.
Das Format «Innovation Fellowship»
Smart City Zürich unterstützt die Stadtverwaltung mit Instrumenten und Massnahmen, um innovative Ansätze für eine nachhaltige, vernetzte und serviceorientierte Stadt zu fördern. Für diese Herausforderung wurde das Innovation Fellowship ausgewählt.
«Innovation Fellows sind Expert*innen von ausserhalb der Stadtverwaltung – aus Privatwirtschaft, Wissenschaft, NGOs usw., – die befristet angestellt werden, um an Innovationsprojekten mitzuwirken. Sie arbeiten während 12 bis 15 Monaten in Dienstabteilungen in enger Zusammenarbeit mit städtischen Mitarbeitenden. Die Innovation Fellowships stärken den Wissenszuwachs in der Stadtverwaltung und fördern innovative, neue Ansätze und Methoden.»
Quelle: stadt-zuerich.ch
Wir haben uns in einem öffentlichen Verfahren beworben und als Innovation Fellows in Organisationsdesign durchgesetzt.
Die Methode: Systemic Design
Das Projekt ist umfangreich und sehr komplex. Deshalb haben wir uns für Systemic Design entschieden – eine Methodik, die Systemtheorie und Human-Centered Design zusammenbringt. Das Framework umfasst sechs Phasen, trennt bewusst Problem- und Lösungsraum und zwingt zum regelmässigen Wechsel zwischen den Ebenen Mensch und System.

Inspiration: System Mapping Academy
Abtauchen und Visualisieren – Phase 1 & 2
Im ersten Drittel des Projekts haben wir den Fokus auf die qualitative Recherche gelegt. Wir führten strukturierte Interviews mit allen relevanten Berufsgruppen und Behörden durch. Dazu nahmen wir an Sitzungen teil und führten regelmässige Gespräche mit den Schulleitungen, um mehr Verständnis für den Schulbetrieb und die aktuellen Entwicklungen aufzubauen.
Das Ergebnis der Synthese:
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2000+ relevante Aussagen
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200+ konsolidierte Beobachtungen
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33 Schwerpunktthemen
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eine System Map mit allen bekannten Abhängigkeiten
Die System Map half uns, das grosse Ganze zu verstehen und zu sehen, welche Dynamiken existieren. Erst durch dieses Herauszoomen konnten wir erkennen, wo es sich lohnt, Veränderungen in das System zu bringen. Die System Map ist ein elementarer Teil unserer Arbeit: Sie hilft den Beteiligten – hier den Schulleitungen und uns – ein gemeinsames Verständnis des Systems zu erlangen und zu erkennen, wo Chancen für Veränderung liegen.




Hebelpunkte identifizieren – Phase 3
Mit Hilfe der System Map haben wir gemeinsam zentrale Hebelpunkte identifiziert und priorisiert. Dabei sind wir folgenden Fragen nachgegangen:
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Wo entstehen im System Wellenbewegungen, also Dynamiken, die Veränderungen anstossen?
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Wo besteht der grösste Handlungsbedarf?
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Wo ist bereits Veränderung im Gang?
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Welche Punkte sind eingefroren – also relevant, aber aktuell ausserhalb unseres Handlungsspielraums?
Diese Auseinandersetzung hilft uns, gezielt zu entscheiden, wo sich der Einsatz von Energie lohnt – und wo nicht.
Interventionen gestalten – Phase 4
Im Lösungsraum angekommen, haben wir mehrere Hebel ausgewählt, um das System von unterschiedlichen Seiten zu bewegen. Für jeden Hebel gestalten wir 3-4 bedürfnisorientierte Interventionen, die auf drei Ebenen wirken müssen:
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Rahmenbedingungen (Strukturen & Regeln)
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Narrative (Mindset & Kultur)
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Menschen (Fähigkeiten & Wissen)
Ein Beispiel:
Wir möchten die Feedbackkultur in unserer Organisation stärken. Massnahmen, die nur auf der Ebene der Rahmenbedingungen wirken, reichen dafür nicht aus – etwa die Vorgabe, dass alle Mitarbeiter:innen mindestens drei Peer-Feedbacks zum Jahresgespräch mitbringen. Nachhaltiger wirkt es, wenn wir zusätzlich auch an den anderen Ebenen ansetzen:
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Narrative: Führungskräfte gehen mit gutem Beispiel vor und leben Feedback aktiv vor.
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Menschen: Mitarbeitende lernen in neutralem Umfeld, wie gutes Feedback funktioniert, und üben es regelmässig.
So steigt die Chance deutlich, dass sich eine starke Feedbackkultur langfristig entwickelt.
Impressionen Workshop mit Schulleitungen




Wie geht’s jetzt weiter?
Als Nächstes werden wir konkrete Experimente formulieren. Wir bewegen uns nach wie vor in einem komplexen System und können nur vermuten, wie eine Intervention wirkt. Durch das Experimentieren lernen wir, wie die Organisation darauf reagiert und können bei Bedarf korrigierend einwirken.
Wichtig ist, dass wir für die Experimente klare Rahmenbedingungen definieren, beispielsweise:
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wer nimmt teil?
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wie lange läuft das Experiment?
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welche Fragen müssen danach beantwortet werden sein?
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wann gilt das Experiment als erfolgreich, wann als gescheitert?
Wir lernen, iterieren und entscheiden – zuerst im kleinen Rahmen – dann rollen wir funktionierende Experimente breiter aus.
Fazit – was haben wir gelernt?
Systemic Design funktioniert in komplexen Organisationen
Die bewusste Trennung von Problem- und Lösungsraum sowie der Wechsel zwischen Mensch- und Systemperspektive ermöglicht es, auch in hochkomplexen Umfeldern strukturiert und fokussiert zu arbeiten.
Qualitative Forschung als Fundament
Die intensive Recherchephase war essentiell. Hier dürfen wir keine Abkürzungen machen – das Risiko, in die falsche Richtung zu laufen, wäre zu gross.
Visualisierung schafft Klarheit
Erst durch die System Map mit allen Abhängigkeiten wurde das grosse Ganze verständlich. Sie ist die Basis für Diskussionen, für das Schaffen eines gemeinsamen Verständnisses und für die Entscheidung, auf welchen Themen der Fokus der Arbeit liegen soll.
Experimente statt Lösungen
In komplexen Systemen braucht es eine experimentelle Haltung. Wir können nie alles durchschauen oder Effekte antizipieren, deswegen müssen wir ausprobieren, was funktioniert und dabei auch herausfinden, was eben nicht funktioniert.
Befähigung statt Beratung
Es lohnt sich, den eigenen Prinzipien treu zu bleiben: unser Ziel ist die Befähigung der Organisation, nicht: ihr unsere Ideen aufzudrücken. Wir begleiten durch den Prozess, hören zu, schaffen Raum und setzen den Rahmen. So dass sich die Organisation auf die Lernarbeit und die Veränderung konzentrieren kann.

Simone Morado,
Schulleiterin Schule Luchswiesen
Gemeinsam mit dem «Kollektiv für gute Arbeit» ist es uns gelungen, komplexe Themen strukturiert anzugehen und nachhaltig weiterzuentwickeln – mit Herz, Struktur und Weitsicht. Eine Zusammenarbeit, die bereichert und inspiriert.

Lars Bollhalder,
Schulleiter Schule Leutschenbach
Das «Kollektiv für gute Arbeit» konnte uns aufzeigen, was wir irgendwie ahnten, aber nicht präsent hatten. In dem sie unser System visualisierten und wir gemeinsam die Hebelpunkte identifizierten, wurde unsere Ahnung zu einem, auf qualitative Recherche gestütztes, konkreten Bild, mit dem sich nun arbeiten lässt. Die beiden kompetenten und sympathischen Expertinnen, mit dem grossen Erfahrungsschatz ausserhalb des Schulumfelds, halfen uns sehr, neben dem pädagogischen auch den systemischen und operationellen Blick auf unsere Organisation zu richten. Und dies in einer äusserst angenehmen aber fokussierten Arbeitsbeziehung.

Cécile Oberholzer,
Projektleitung Smart City Zürich
Die Zusammenarbeit mit dem «Kollektiv für gute Arbeit» im Rahmen des Innovation Fellowships war herausragend: Mit dem Systemic-Design-Ansatz haben sie dank über 100 Interviews und einer System Map enorme Klarheit über die Strukturen in den beiden Schulhäusern geschaffen. Besonders beeindruckend war ihre partnerschaftliche, lösungsorientierte Haltung – echte Befähigung statt nur Beratung.